Karl Schaper in der VITA-VILLA – „DIE DEUTSCH-DEUTSCHE FRAGE“

PROJEKT KARL SCHAPER 100
Karl Schaper „Die Deutsch-Deutsche-Frage“
Zeichnungen, Malerei, Objekte
Ausstellung in der Galerie Die Vita-Villa
Kleiner Zimmerhof 9/38300 Wolfenbüttel

Eröffnung 28.08. 2020

Es spricht Margot Michaelis/Kunstvermittlerin

Die Ausstellung „Karl Schaper und die Deutsch-Deutsche-Frage“ wird in Wolfenbüttel gezeigt, wo der Künstler Karl Schaper
gelebt und gewirkt hat. Sie wird ergänzt durch Filmsegmente aus dem Film „Eisenbahn nach Japan“ – Eine Entdeckungsreise in die Welt des Künstlers von Manfred Bannenberg und eine Videopräsentation „Karl Schaper – Holzbriefe –eine Auswahl“ zum Thema „Deutsch-Deutsche- Frage“ aus der Sammlung der Städtischen Galerie Wolfsburg

Kuratiert wurde die Ausstellung von Manfred Bannenberg (Filmemacher) und Margot Michaelis (Kunstvermittlerin) zusammen mit Hans Schaper, Sohn des Künstlers. Es ist eine Wanderausstellung, die anlässlich von 30 Jahre Grenzöffnung und Wiedervereinigung 2019 im Pforthaus im Amt Neuhaus/Elbe und 2020 im Kunstfleck Dahlenburg gezeigt wurde.

Die Ausstellung „Die Deutsch-Deutsche-Frage“ gehört zum Projekt „KARL SCHAPPER 100“ , ebenso der Film Eisenbahn nach Japan“ Eine Entdeckungsreise in die Welt des Künstlers von Manfred Bannenberg. Premiere voraussichtlich im September/Oktober im Universum Braunschweig. Ein Sommerfestival wird am 12./13. September im Atelier- und Wohnhaus der Schapers in Apelnstedt stattfinden. (Das Projekt „KARL SCHAPER 100“ wird von der Braunschweigischen Stiftung gefördert.)

Erläuterung zur Ausstellung und zum Künstler

Karl Schaper (1920-2008) hat sich wie kaum ein anderer deutscher bildender Künstler so dezidiert und über einen so langen Zeitraum mit seinem Land: Deutschland beschäftigt. Es erstaunt, wenn man die Entstehungsjahre der Bilder und Objekte von Karl Schaper betrachtet. Da werden schon sehr früh Fragen gestellt, die bis heute aktuell und nicht wirklich beantwortet sind.

Immer wieder stellt er die Frage nach dem Zustand, den Befindlichkeiten und den Veränderungen im Land. Er thematisiert in verschiedenen Varianten zum Beispiel „Das deutsche Haus“ , das mal „zu weit rechts“ dann wieder „zu weit links“ mal „zu groß“ und mal „zu klein“ ist.

Schon früh warf er mit Werken wie „Wiedervereinigungskrankheit“ oder „Westpalmen – Ostpalmen“ Fragen zur Deutsch-Deutschen Teilung auf. Er kommentierte nach der Grenzöffnung sehr eigenwillig mit Ironie in provokanten Gemälden das Erscheinen der Trabis und die Begegnung von Ost- und West-Bürgern. Werke, die in der Ausstellung zu sehen sind.

Im Sommer 1990 denkt der Künstler Karl Schaper auf sehr poetische Weise einerseits über die Früchte des Gartens in Apelnstedt und andererseits über die Wiedervereinigung nach. Dem Betrachter seiner Bilder stellt er sich verschmitzt als „Gärtner – und Vereinigungsbeobachter“ vor. Das steht im Absender eines in Briefform gestalteten Werkes. Ein Brief, den er an den „Deutschen Sommer 1990“ adressiert hat. Ein Beispiel seiner eigenwilligen Schöpfungen, in denen der Brief als Mittler einer Künstler-Botschaft fungiert. Das Motiv des Briefes, gezeichnet, gemalt oder als Objekt steht als originäre künstlerische Erfindung im Zentrum des vielfältigen Werkes von Karl Schaper.

Die originellen „Holzbriefe“ haben Schaper berühmt gemacht. Die großen geschnitzten und beschriebenen Objekte adressierte er zum Beispiel „An meyn liebes Deutschland“ – Absender Heinrich Heine – meist aber an historische Persönlichkeiten. Seine Adressaten sind Noah in Ararat oder Ovid, er schreibt an Christoph Columbus oder die Genossen in der CSSR. Noah schickt er die Friedenstaube zurück: „Produktion einstellen. Hat nichts genützt“. Ein „Brief des scheidenden Vorsitzenden Willy Brandt“ war adressiert an die SPD. An den Bundeskanzler Doktor Kohl in Bonn schreibt er in pfälzischem Sprachduktus auf die Absenderseite des Objektes „Ti Toitsche Fracke Pleibt völlick offen Herr Toktor Kohl“. Dieser Brief bildet das Zentrum der Wolfenbütteler Ausstellung. Zudem werden weitere Holzbriefe zum Thema in einer Videopräsentation gezeigt.

Man hat Karl Schaper auch als „Niedersächsischen Weltkünstler“ bezeichnet. Und das trifft die Bedeutung des Künstlers, der im Kreis Wolfenbüttel gelebt und gearbeitet hat, sehr gut. Auch wird gesagt, er habe die Provinz zu seiner Stärke gemacht und von da aus seine sehr eigene Kunstsprache und Perspektive geschaffen, mit der er sich zu menschlichen, aber vor allem zu Menschheitsfragen positionierte. Selbst hat er sich als mahnenden und engagierten Künstler gesehen, wie er in einer Rede zur Verleihung des SPD-Kulturpreises an ihn 1987 bekennt.

Schaper schuf Werke in vielen Gattungen: Malerei, Zeichnung, Druckgrafik und vor allem Objekte und große Installationen. Auch Texte waren wichtiger Teil seiner Arbeit. Mit seinen einzigartigen künstlerischen Erfindungen war er ein Künstler, den man noch heute als modern bezeichnen kann.

Er blickte von Apelnstedt bei Wolfenbüttel in die Welt, in seine Zeit und über seine Zeit hinaus. Obwohl sein Werk aus einem großen Bildungshorizont kam, war es nie belehrend oder abgehoben. Durch seinen Humor, seine Hintergründigkeit und zugleich Tiefgründigkeit fordert Schaper in seinen Werken den Betrachter heraus.

Oft ist man irritiert beim Betrachten von Schapers Werken, vielleicht schmunzelt man auch zuerst oder lacht sogar. Aber dann passiert doch mehr. Da werden Bilder zu Botschaften und Erkenntnisse zu Bildern. Man staunt, wie virtuos und unkonventionell Karl Schaper die verschiedenen Kunstgattungen und Ausdrucksformen vom Zeichnen über Malerei bis zum Objekt für seine Botschaften an die Welt nutzt und neu interpretiert.

Im Sprengel-Museum in Hannover ist sein aus Holz geschnitzter und bemalter „Niedersachsenaltar“ zurzeit ausgestellt, der gleichsam ein „Meisterstück“ des Künstlers ist und viele seiner Themen umfasst. Da verbindet er die Rüben der Schöppenstedter Mulde mit den Fragen nach der Erbärmlichkeit des Krieges und den Kriegstraumata seiner Generation. Eingebunden in seine eigene Geschichte als Fragender, als einstiger Wehrmachtssoldat, als Zeitkritiker und als Lebens-Genießer – etwa in seiner Zeit bei Leger in Paris.

Viele von Schapers Werken befinden sich in Museen und Galerien und auch in Privatbesitz.

Schaper war gemeinsam mit seiner Frau Susanne bei der zweiten Documenta vertreten, er bekam ein Stipendium für die Villa Massimo und etliche weitere Preise. Sein Werk wurde in vielen Ausstellungen präsentiert.

Die Ausstellung zeigt eine Auswahl von Schapers Werken, die sich seit den 60erjahren mit der Ost-West-Problematik befassen. Sie wurde zuerst 2019 in Neuhaus an der Elbe gezeigt. Neuhaus gehörte zu DDR-Zeiten zu Mecklenburg und kam nach der Grenzöffnung zu Niedersachsen. Auch eine deutsch-deutsche Angelegenheit. 2020, anlässlich 30 Jahre Wiedervereinigung, wanderte die Ausstellung ins westlich der Elbe gelegene Dahlenburg, gegenüber von Neuhaus.

Und nun kommt sie an den Ausgangspunkt der Schaperschen Kunst zurück – nach Wolfenbüttel. Somit werden im Jahr 2020 anlässlich des hundertsten Geburtstags von Karl Schaper in der Galerie VITA-VILLA in Wolfenbüttel Originalwerke des Künstlers zu sehen sein.

Margot Michaelis

Renate Puvogel : So schlecht ist die Antwort nicht, die der Künstler Karl Schaper als achtjähriger Knirps auf die Frage gab, was er denn einmal werden wolle: Kunstmaler und Balladendichter.

Joachim Büchner: Die hölzerne Briefform, die er wählt, ist unbequem, derb und herb und groß, nicht gefaltet in die Tasche zu stecken, nicht bequem und getrost hinwegzutragen, nicht so leicht zu vergessen. Schapers Kunst ist in solcher Art allermeistens unbequem.

Quelle: Karl Schaper Sprengel Museum Hannover, 1988

Auf der Internetseite: Karl-Schaper.de kann man sich weiter über den Künstler informieren.

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